Kirche

 

Kirche – was ist das eigentlich?

Kirche – das sind zuerst einmal Menschen, die ihren Glauben gemeinsam erleben und Leben miteinander teilen. Auch Jesus ist selten ganz alleine durch die Gegend gezogen, meistens hatte er Freundinnen und Freunden bei sich.

Alle christlichen Konfessionen sind der Überzeugung, dass man nicht alleine glauben kann, sondern Gemeinschaft und Zusammensein dazu gehört.

Jesus lebte diese Gemeinschaft auf seine Weise, indem er ganz oft mit Menschen ass, die nicht wahrgenommen wurden - oder werden, wie z.B. die rumänischen Heimkindern auf diesem Bild.

Wahrscheinlich denkst du jedoch bei dem Begriff „Kirche“ zunächst an ein Gebäude.

Auch das stimmt. Kirche, das ist auch ein „heiliger“ Raum, also ein Ort, an dem man ruhig werden kann oder laut singt oder alleine betet oder eine Kerze anzündet oder Gottesdienste miteinander feiert. Es ist ein besonderer Ort. Auch die Jugendkirche zeigt mit dem speziell erleuchteten Kirchturm (Bild nebendran): "Hier ist etwas anders."

Alles in Allem ist Kirche (als Gemeinschaft und als Gebäude) ein Raum, in dem Leben und Glaube zur Sprache kommt und ein Raum für das ‚Andere’ – nämlich all das, was in einer Welt voller Hektik, Erfolg, Ansprüche und Einkaufen schnell in Vergessenheit geraten kann.
Mit dieser „Gemeinschaft“ haben deshalb auch die Aufgaben zu tun, an denen sich zeigt, ob Kirche wirklich Kirche ist: Von Gott erzählen, Füreinander-Da-Sein, Glaube und Leben feiern.

Glauben vorleben und von Gott erzählen (Martyria)

Kennst du den Spruch: „Wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über“? Dieses Sprichwort findet sich in der Bibel und sagt nichts anderes, als dass wir von dem erzählen, was uns wichtig ist. Auch der Glaube lebt davon, dass er von den Menschen weitererzählt und vorgelebt wird.
Dazu gehören die eigenen Geschichten von meinem Leben genauso wie das Erzählen von Bibel-Geschichten am Lagerfeuer, im Gottesdienst oder im Religionsunterricht. Aber auch das alltägliche Auftreten einer Christin/eines Christen 'spricht Bände'. Jesus hat Menschen immer wieder Geschichten von Gott erzählt. Er hat ihnen aber auch vorgelebt, was es heisst, sich von Gott geliebt zu fühlen.

Frère Roger (Bild) hat auf genau das auf seine besondere Weise weitergegeben, so dass die Brüderschaft in Taizé Jahr für Jahr Zehntausende von Jugendlichen anzieht.

Füreinander-Da-Sein (Diakonia)

Die zweite Aufgabe besteht in einem sozialen Auftrag. Jesus hat sich immer wieder um Menschen gekümmert, die Not litten, ob sie nun Hunger hatten oder von der Gemeinschaft ausgestossen waren.

Ganz besonders hat er sich immer um die gekümmert, die von der Gesellschaft vergessen oder an den Rand gedrängt wurden. So setzte er sich mit Menschen an einen Tisch, über die andere nur die Nase rümpften: Betrüger, Prostituierte und Todkranke.

Deshalb ist es uns als Kirche aufgetragen für einander zu sorgen. Wir sollen uns besonders um die kümmern, die in irgendeiner Weise Not leiden. Ein Beispiel hierfür ist die Rumäniengruppe der Juseso im Dekanat Liestal (siehe Bild).

Feiern von Glaube und Leben (Liturgia)

Was uns im Leben wichtig ist, das feierst du doch auch, z.B. deinen Geburtstag oder wenn der FCB gewinnt, oder… Im Glauben feiern wir auch das, was uns wichtig ist, z.B. die Geburt Jesu an Weihnachten, die Hoffnung auf Auferstehung an Ostern und jeden Sonntag, dass Jesus uns an seinen Tisch einlädt, wie er es schon damals gemacht hat! Dieses Feiern hat eine eigene Form, einen besonderen Rahmen und oft einen besonderen Ort, meist eine Kirche (wie auf dem Bild mit einer Salsaband).

Als Glaubensgemeinschaft feiern wir ausserdem besondere Ereignisse wie die Geburt (in der Taufe), Erwachsenwerden (in der Firmung), Hochzeiten. Aber wir ‚feiern’ auch Beerdigungen, indem wir in einem feierlichen Rahmen von jemanden Abschied nehmen.

Diese drei Aufgaben der Kirche (erzählen/vorleben, dienen, feiern) haben wir nicht selber erfunden, sondern werden in der Bibel von den ersten Christen berichtet. (Apostelgeschichte 2,43-47).

Wie ist die Kirche entstanden?

Zur Zeit Jesu

Schon den ersten Menschen, die mit Jesus umhergezogen sind hat Jesus aufgetragen, sich an ihn zu erinnern und von ihm zu erzählen.
Du kennst vielleicht manche Namen: Petrus z.B. oder auch Maria Magdalena, die durch den „Da Vinci Code“ wieder sehr bekannt geworden ist.

Frauen feiern Abendmahl, Rom, 3. Jahrhundert

Maria Magdalena ist tatsächlich eine ganz wichtige Figur. Sie ist eine der Frauen, die mit Jesus umherzogen, sie blieb bei Jesus unter dem Kreuz (während die Jünger alle geflohen sind), sie erfährt als Erste, dass Jesus auferweckt wurde. Jesus hatte neben seinen JüngerInnen auch Freunde und Anhänger, die er immer wieder besuchte. Wir wissen z.B. von den Schwestern Maria und Martha und von Zachäus, dem Zöllner.

Nach Jesu Tod

Die engsten Freundinnen und Freunde von Jesus kommen nach dem Tod Jesu wieder zusammen. Sie glauben daran, dass er von Gott auferweckt wurde und sein Leben und Sterben deshalb nicht umsonst war.

Doch noch immer haben sie zu viel Angst, um Anderen davon zu erzählen. Doch an Pfingsten wachsen sie über sich hinaus (Die Apostelgeschichte nennt das „sie erhielten den Heiligen Geist“) und trauen sich, öffentlich zu ihrem Glauben zu stehen.

Die Jünger und Jüngerinnen waren ab Pfingsten offenbar sehr überzeugend, denn es kommen immer mehr Menschen zum Glauben an Jesus Christus. Sie treffen sich zuerst in einzelnen Häusern in verschiedenen Ortschaften, feiern miteinander ihren Glauben und brechen das Brot wie sie es mit Jesus auch immer getan haben.

Für Menschen, die Christen werden, wird ein Aufnahmeritus eingeführt, die Taufe.

Die Apostel

Paulus ist einer, von dem uns aus dieser Zeit einiges bekannt ist, da einige seiner Briefe erhalten sind (in der Bibel steht z.B. der Brief an die Gemeinde von Rom) Obwohl Paulus nie mit Jesus unterwegs war, nennt er sich selbst „Apostel“.

Es gab auch Frauen, die Apostelinnen waren, zum Beispiel die Apostelin Junia (Paulus schreibt von ihr im Römerbrief 16,7 – aus Junia wurde jedoch im Laufe der Übersetzungen ein Junius).

Auch Thekla war eine Apostolin. Ihre Geschichte steht nicht in der Bibel, sondern in einer sogenannten apokryphen Schrift (was Apokryphen sind, siehe Abschnitt Bibel; mehr zu Thekla: http://www.heiligenlexikon.de/BiographienT/Thekla_von_Ikonium.htm)

Die jüdische Urkirche

Die erste Generation der Urkirche bestand aus Jüdinnen und Juden. Aber schon bald wurden auch Menschen in Griechenland und Rom Christen, die keine Juden mehr waren.

Das Erkennungszeichen der ersten Christen war ein Fisch. Das hatte zwei Gründe: Einerseits war das unauffällig, da in den ersten Jahrhunderten ChristInnen immer wieder verfolgt wurden. Anderseits war der Fisch auch ein Glaubensbekenntnis. Auf Griechisch, damals die Weltsprache wie heute Englisch, heisst Fisch: Ichthys. Jeder Buchstabe steht für eine bestimmte Bedeutung:

 

I = Jesous = Jesus
Ch = Christos = Christus
Th = Theou = Gottes
Y = Yios = Sohn
S = Soter = Erlöser

Eine Kirche bricht auf

Das letzte grosse zentrale Ereignis für die katholische Kirche ist das zweite Vatikanische Konzil, das von 1965 bis 1968 in Rom statt fand. Der damalige Papst Johannes der 23. wollte die Fenster der Kirche weit aufreissen und frischen Wind wehen lassen.

Darum war das Motto für das Konzil „Die Zeichen der Zeit erkennen.“
Am Konzil nahmen Bischöfe aus aller Welt teil, und die katholische Kirche machte sich für einen Aufbruch parat.

Zum Beispiel verabschiedete sich die Kirche offiziell von judenfeindlichen Urteilen aus früheren Zeiten. Unter anderem wurde auch beschlossen, dass der Gottesdienst nicht mehr in Latein, sondern in der jeweiligen Landessprache gehalten werden muss.

Das Konzil war ein grosser Schritt für die katholische Kirche, aber bei vielen „Zeichen der Zeit“ braucht es viel mehr Zeit und Geduld, als man das zuerst gehofft hat, und so ist sie immer noch daran…

Kirche hier und anderswo: Weltkirche

Vielfalt und Einheit

Die katholische Kirche ist eine weltweite Kirche. Auch in Indien wirst du einen Gottesdienst besuchen können und ohne die Sprache zu verstehen ungefähr wissen, was gerade passiert. So ist es auch in Brasilien oder auf den Philippinen. Gleichzeitig bringt jedes Land und jede Kultur ihre Eigenheiten in die Kirche ein. Den Feuersegen kennt man nur in Indien, das Hereintragen der Bibel unter Klatschen ist eher in Lateinamerika bekannt.
Es entsteht bei aller Einheit auch eine grosse Vielfalt. Das Bild oben zeigt zum Beispiel ein typisch brasilianisches Ritual, die "entrada da bíblia" in einem Jugendgottesdienst

Die Schattenseite

Allerdings muss auch die Schattenseite dieser Weltkirche benannt werden. Es ist wie beim Feuer, das wärmen, leuchten, aber auch verbrennen kann.

Die grosse Versuchung einer "Welt"-Kirche liegt darin, den eigenen Standpunkt als weltumfassend zu nehmen und andere Traditionen, Völker und Menschen zu missachten.

So wie das zum Beispiel im 15. Jahrhundert in Südamerika mit der indigenen Bevölkerung geschah, oder im Rahmen der Hexenverfolgungen, oder mit den Juden und es gibt leider noch mehr traurige Beispiele.

Als Welt-Kirche ist es immer ein schmaler Grat zwischen Arroganz gegenüber anderen Kulturen/Traditionen/Religionen und der Überzeugung vom eigenen Glauben.

Christliche Kirchen und Ökumene

Seit es „Kirche“ gibt, wurde auch immer wieder um die Einheit und um einzelne Bereiche des Glaubens gerungen und gestritten.

Die Orthodoxe Kirche

 

1054 kam es zur grössten Trennung in der Kirchengeschichte. Die Orthodoxe Kirche trennte sich von der lateinischen Kirche. In Russland oder in Rumänien sind fast alle Christen orthodox.

Typisch für orthodoxe Kirchen sind die Ikonen (Bild).

Die reformierte Kirche

In der Schweiz ist die wichtigste Schwesterkirche die Reformierte Kirche, einer ihrer Begründer ist Huldrych Zwingli.
Während fast 500 Jahren haben sich Reformierte und Katholiken immer wieder bekämpft. Erst seit etwa 1970 besinnt man sich endlich wieder mehr auf die Gemeinsamkeiten, die sehr gross sind.

Unterschiede liegen im Detail. Einer der grundlegendsten Unterschied besteht darin, dass die Reformierten sich nur auf das 'Wort Gottes' berufen wollen (das heisst die Bibel), während in der katholischen Kirche schriftliche und rituelle Traditionen, die in den letzten 2000 Jahren gewachsen sind, ebenfalls eine grosse Rolle spielen.

Äusserlich zeigt sich das darin, dass reformierte Kirchen und Gottesdienste sehr nüchtern sind. In den Kirchen gibt es kaum Bilder, Kerzen oder Duftessenzen.

Theologisch wird vor allem um die Bedeutung der Kommunion („Eucharistie“) gestritten, die bei den Reformierten weniger zentral ist als bei der katholischen Kirche.

Die reformierte Kirche hat keinen Papst und betont mehr die Individualität.

Ihre Stärken sind ihre Unabhängigkeit von einem „Zentralorgan“, und ihre demokratischen Strukturen ermöglichen es ihr, das Frauenpriestertum auch regional einzuführen.

Sie haben kein einheitliches Glaubensbekenntnis, und viele sinnliche Elemente, die Bilder, Kerzen, Feste wurden aus dem Kirchenraum verbannt.

Im kirchlichen Alltag gibt es eine rege und bereichernde ökumenische Zusammenarbeit.